SPOTLIGHT ON Interview | Existenzfrage Familienrecht

Die Familienrechtsanwältinnen Rebecca Oberdorfer und Cornelia Allen wissen, dass ihre Arbeit entscheidend sein kann für das weitere Leben ihrer Klient*innen. Dieser Verantwortung gerecht zu werden sehen sie als ihren Auftrag. Sie haben sich nach langjähriger Tätigkeit in einer renommierten Anwaltskanzlei selbstständig gemacht und beraten Familien, Frauenvereine und Paare von der Eheschließung bis zur Trennung. Ein Gespräch über die Liebe und das Scheitern daran.

Rebecca Oberdorfer und Cornelia Allen im Gespräch mit dem Online Magazin myGiulia.

INTERVIEW: SHANDIZ AHI | FOTOS: PAMELA RUSSMANN

VOLLSTÄNDIGES INTERVIEW: www.mygiulia.de

 

„Die Ehe ist ein rechtlicher Vertrag, daher sollte man sich bewusst sein, welche Rechte und Pflichten sich daraus ableiten.“

Cornelia Allen

 

Ihr habt für die renommierte Familienrechtlerin Dr. Helene Klaar gearbeitet und euch nun als Spezialistinnen für Familienrecht selbstständig gemacht. Wie würdet ihr eure Tätigkeit beschreiben – wofür steht ihr?   

Rebecca Oberdorfer: Wir stehen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe, sind durchsetzungsstark, kreativ und kompetent. Familienrecht ist ein sehr sensibles Rechtsgebiet und es geht oft um existenzielle, aber auch sehr intime und sensible Fragen, weshalb auch ein empathischer und feinfühliger Umgang mit Mandant*innen unerlässlich ist. Unsere Vertretung orientiert sich stets am Wohl der Kinder und legt großen Wert darauf, dass Pflegschaftsverfahren daher nicht zur Zerreißprobe für die Kinder werden. Wir beraten auch feministische Frauenvereine. Gewalt ist für uns in jeglicher Form ein No-Go – tolerieren und vertreten wir nicht. 

Cornelia Allen: Der Schutz der Rechte und die Gleichbehandlung des Individuums, unabhängig von Geschlecht, Orientierung oder Hintergrund, stehen für mich im Vordergrund. Ich übe diesen Beruf aus, um Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen und maßgeschneiderte Lösungen zu finden. 
Unsere Stärke ist die absolute Spezialisierung auf Familienrecht. Gleichzeitig decken wir durch unsere Kooperation mit Kolleg*innen der META Legal sämtliche anderen Rechtsgebiete ab und können dank eines super Anwaltsteams beispielsweise auch Fragen im Strafrecht, Gesellschaftsrecht oder Aufenthaltsrecht mit hoher Qualität bedienen.

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„Früher verharrten viele Paare in unglücklichen Ehen. Einen großen Wandel hat die gestiegene finanzielle Unabhängigkeit von Frauen gebracht. Die Scheidung einer Ehe ist gesellschaftlich nicht mehr stigmatisiert.“ 

Rebecca Oberdorfer

 
 

 

Laut Statistik wird jede dritte Ehe geschieden. Was ist los mit den Paaren?

Cornelia Allen: Schlechte oder fehlende Kommunikation und Betrug und Untreue sind oft der Grund für das Scheitern einer Ehe, aber auch unterschiedliche Lebensziele, -erwartungen und Prioritäten in Bezug auf Karriere, Familie oder persönliche Interessen führen oft zu Spannungen und Entfremdung in der Partnerschaft. 

Rebecca Oberdorfer: Einen großen Wandel hat mit Sicherheit die gestiegene finanzielle Unabhängigkeit von Frauen gebracht, die nunmehr auch die Möglichkeit haben, ihre Partner zu verlassen. Die Scheidung ist gesellschaftlich nicht mehr stigmatisiert. Früher verharrten viele Paare bestimmt in unglücklichen Ehen. Dabei stellen die größte Zerreißprobe für Ehepaare immer noch die gemeinsamen Kinder, der hektische, fordernde Alltag und der Mangel an Paarzeit und Intimität dar. Auch das Ungleichgewicht, bei dem mehrheitlich noch immer Frauen die Versorgung und Betreuung der Kinder übernehmen, während der Mann weiterhin Vollzeit erwerbstätig bleibt, ist ausschlaggebend. Elternteilzeit wäre eine gute Lösung. Politische Rahmenbedingungen wären nötig, auch durch ein ordentliches Betreuungsangebot – besonders im ländlichen Raum. Letztlich bleibt es eine private, freie Entscheidung, wie man das löst. Aber das mangelnde Angebot sollte nicht ausschlaggebend sein. Gesellschaftlich gibt es da noch sehr viel Nachholbedarf – gerade bei der Kinderbetreuung. Ein Mann wird oft gelobt, wenn er sein Kind wickelt. Selbst von den eigenen Frauen. 

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Was sollten Paare am besten schon lieber vor der Eheschließung wissen? Wozu rät ihr euren Klient*innen?

Rebecca Oberdorfer: Es scheint ein schmaler Grat im Leben zu sein, voller Leidenschaft und Überzeugung einen Menschen zu lieben und gleichzeitig rational zu bleiben und im Hinterkopf zu haben: dass die Ehe ein Vertrag ist und mit zahlreichen Rechten und Pflichten einhergeht und von Romantik und Liebe im Gesetz nichts steht. Wir verweisen immer auf die Konsequenzen, z. B. auch bei Eheverfehlungen und Ehebruch. 

Cornelia Allen: Pragmatisch gesagt hat die Ehe auch durchaus positive Effekte, wie beispielsweise die erbrechtlichen Ansprüche sowie die Unterhalts-, Pensions- und sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen, die Schaffung eines Aufenthaltstitels etc. Die Ehe ist ein rechtlicher Vertrag, daher sollte man sich bewusst sein, welche Rechte und Pflichten und welche damit verbundenen Fragen sich daraus ableiten: z. B. ist das Haus, das ich allein finanziere, im Falle einer Scheidung zu teilen? Erhalte ich durch die Ehe die Obsorge beider Eltern für gemeinsame Kinder, die man vor der Ehe bereits bekommen hat? Muss ich mein eingebrachtes oder geerbtes Vermögen nach der Scheidung teilen? Vor dem Eingehen einer Ehe sollte man sich gründlich über die rechtlichen und finanziellen Folgen einer möglichen Scheidung informieren, aber auch über die mögliche Regelung einer solchen im Vorfeld – beispielsweise durch einen Ehevertrag. 

Glaubt ihr selbst an die romantische Liebe?

Cornelia Allen: Ja, ich glaube an romantische Liebe. Ich selbst führe seit Jahren eine glückliche Beziehung und plane gerade meine Hochzeit. Mein persönlicher Zugang in einer zwischenmenschlichen Beziehung: auch die kleinen Dinge zu schätzen und keine Selbstverständlichkeit einkehren zu lassen. Es braucht einen respektvollen Umgang – auch in angespannten und herausfordernden Situationen. Ein einfaches „Danke“ für einen kleinen Handgriff wie den Müll rausbringen, den Geschirrspüler ausräumen oder auch für die mentale Unterstützung im stressigen Alltag, halte ich für unglaublich wichtig. Oft hat man nicht zur gleichen Zeit gleich viele Ressourcen – einmal kann ich mehr übernehmen, einmal mein Partner. Hier nicht zu versuchen, aufzurechnen, sondern den Anteil des Anderen sich immer wieder vor Augen zu führen, kann Konflikte und kleine Zwistigkeiten vermeiden.

Rebecca Oberdorfer: Ich glaube auch an die Liebe und daran, dass sie für immer währt. Ich bin romantisch, aber dennoch realistisch. Dabei stelle ich mir die Frage, ob ich auch mit den „Fehlern“ eines Menschen leben kann und eben nicht nur mit den guten Seiten. Liebe soll auf Augenhöhe basieren und echt sein. Und das bedeutet für mich nicht, den anderen zu „vergöttern“ und stilisieren, sondern ihn wertschätzend und respektvoll zu behandeln, aber auch gegenseitige Grenzen zu akzeptieren und tolerieren. Und besonders Eltern empfehle ich, sich Paarzeit einzuräumen. Letztlich kann man es auch optimistisch sehen: Immerhin werden zwei von drei Ehen nicht geschieden!

VOLLSTÄNDIGES INTERVIEW: www.mygiulia.de